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Wissen und Speisen teilen: Interreligiöse Demokratiebildung im Salon Luitpold

Wie schlagen sich religiöse Themen und Konflikte im Schulalltag nieder und welche Formen der Bearbeitung stehen dafür zur Verfügung? Was hat das mit der Erziehung zu Demokratie und Toleranz zu tun? Und worin besteht eigentlich die Rechtfertigung des Religionsunterrichtes in einer mehrheitlich säkularen Gesellschaft, die ihre ethischen Orientierungen weltlich zu begründen sucht?


In diesem Horizont bewegte sich die von Burkhard Schäfers moderierte Podiumsdiskussion „Interreligiöse Bildung und Demokratie“ vom 10. Juli 2024 im Münchner „Salon Luitpold“. Ausrichter war die Eugen-Biser-Stiftung als Partner des Dialogprogrammes „Kohäsion durch Konflikt“, das Religionen und Weltanschauungsgemeinschaften auf ihre Beiträge zu Vielfalt und Zusammenhalt in einer offenen Gesellschaft befragt.


Simone Fleischmann, Präsidentin des Bayerischen Lehrerinnen- und Lehrerverbandes, hob direkt zu Beginn die Bedeutung ganzheitlicher Persönlichkeitsbildung hervor, die auch religiösen Gehalten Raum geben müsse, gerade weil diese mit Wert- und Identitätsaushandlungen verknüpft seien. Dabei gelte selbstredend der Beutelsbacher Konsens – Überwältigungsverbot, Kontroversitätsgebot, Schülerorientierung – als „Evangelium“ der politischen Bildung. Rupert Grübl, Direktor der Bayerischen Landeszentrale für politische Bildungsarbeit, ergänzte, der Ausschluss von Indoktrination bedeute nicht „sterile Neutralität“. Existentielle Themen wie der Hamas-Terror und der Gazakrieg begegneten jungen Menschen zwangsläufig im Klassenraum und in den sozialen Medien und müssten daher kompetent bearbeitet werden. Wichtig sei das Einüben „wohlverstandener Toleranz“, also andere Position auszuhalten, aber auf humanen Grundwerten zu bestehen, die sich auch den Religionen entnehmen ließen. Dies könne spielerisch geschehen, etwa mithilfe eines „Wertereisekoffers“, der einen niedrigschwelligen, auf die Erfahrungen der Schüler zugeschnittenen Austausch über weltanschauliche Positionen ermögliche. Dr. Sabine Exner-Krikorian, Programmleiterin Interreligiöse Demokratiebildung bei der Eugen-Biser-Stiftung, erklärte, die aufgeheizte politische Lage mache es zunächst erforderlich, starke Freund-Feind-Schemata und Bekenntniszwänge aufzubrechen, um überhaupt wieder in den Dialog zu kommen. Die Stiftung biete multireligiös moderierte Workshops, in denen die Schüler lernten, auf zivile Weise zu streiten, aber auch Zusammenhalt bei gemeinsamen (inter-)religiösen Festen und Speisen zu erfahren. Die Bedeutung von Praxis und Ritualen unterstrich Frau Fleischmann mit dem Verweis, Religionsbildung finde nicht nur im Religionsunterricht statt, sondern etwa auch im Rahmen von Schulfahrten oder -gottesdiensten. Bisweilen müsse dafür sogar der Mathematikunterricht herhalten, wenn die drohende Eskalation religiös grundierter Streitigkeiten der Beschäftigung mit dem Satz des Pythagoras in die Quere komme. Die „religionssensible Schule“ sei insofern davon abhängig, dass die Lehrer selbst „Vielfalt leben“, um deren Vorkommen in der Schülerschaft und Gesellschaft gerecht werden zu können (angesichts des Lehrermangels und ohnehin strapazierten pädagogischen Erwartungsprofils zeigte sich darin eine bemerkenswert tapfere Haltung).


In der anschließenden Publikumsdiskussion gab Prof. Dr. Martin Rötting, Religionswissenschaftler an der Universität Salzburg und Partner des Programmes „Kohäsion durch Konflikt“, ein anschauliches Beispiel, wie Religionsgemeinschaften gesellschaftliche Herausforderungen produktiv aufgreifen könnten. So hätte ein Buddhistentempel in Südkorea ein dezidiert „grünes“ Selbstverständnis entwickelt und in diesem Zuge ein örtliches Müllproblem gelöst. Abschließend setzte ein Zuschauer den naheliegenden säkular-humanistischen Kontrapunkt, ob schulische Wertebildung statt durch (diversifizierten) Religions- nicht besser durch (gemeinsamen) Ethikunterricht erfolgen solle. Die Sorge vor religiösem Fanatismus scheint mit Blick auf die antisemitische Hamas, evangelikale Trumpisten oder den kriegsverherrlichenden russischen Patriarchen Kyrill weithin plausibel; doch legte das vorangegangene Gespräch nahe, dass die Antwort auf extremistisch pervertierte Religion nur lauten kann: Aufklärung statt Ausklammerung.

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